Die Planbarkeit von Projekten gehört zu den häufigsten Aspekten bei der Entscheidung für oder gegen Digitalisierungsvorhaben. Dabei sind viele Unternehmen bereits auf dem richtigen Weg – etwa dann, wenn Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) z.B. zur Auftragsabwicklung, Außendarstellung , Buchhaltung oder dem Kundenkontakt eingesetzt werden.

Warum agiles Arbeiten?

Bei der Digitalisierung ist der Einfluss von Innovationen nicht zu vernachlässigen. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gehören als Anforderungen an die Projektplanung dazu. Allerdings können klassisches Projektmanagement und strategische Planung weiterhin einen langfristigen Rahmen des Gesamtvorhabens bilden. Wenn der Projektverlauf aber aufgrund zu starrer Rahmenbedingungen stark beeinflusst oder gar gehindert wird, ist der Einsatz agiler Methoden für eine schnelle, unbürokratische Veränderung der Produktentwicklung notwendig. Dazu bieten sich dann kleinere Teilprojekte an, die sich durch mehr Tempo, Kreativität und Kundennähe auszeichnen.

Bei der jüngsten OpenWerk-Veranstaltung Anfang Mai konnten die Teilnehmer anhand des Praxisbeispiels unserer Referenten Nadine Kügeler und Christian Weiss (Soennecken eG) sehen was es bedeutet, Innovationen Raum zu geben und wie man diese Energie für die Organisation nutzen kann. Der wesentliche Erfolgsfaktor zeigte sich im Einbinden der Mitarbeiter und im Vorleben dieses Verständnisses für Neues im Arbeitsalltag. Ziel von Soennecken war es, authentische Ergebnisse für die Weiterentwicklung des Unternehmens und seiner Produkte – also nachhaltige Innovationen – zu erzeugen. Dieser gewählte Ansatz, die Zielgruppe in den Fokus zu rücken, stammt aus dem Design Thinking. Mit Hilfe des Scrum-Vorgehens ist es dem mittelständischen Unternehmen gelungen, sich selbst sukzessive in konkreten, kleinen Projekten zukunftsfähig zu machen.

Scrum kurz erklärt:

Bei dieser agilen Methode werden Projekte in einem systematischen aber schnellem Schema aus Anforderungsdefinitionen, Projektarbeit und Feedbackschleifen umgesetzt. Im sog. Product Backlog werden von Anforderungen (Requirements) für das Projekt gelistet, erweitert und priorisiert. Aus dem gesamten Anforderungskatalog lässt sich dann ein Arbeitspaket (Increment) mit Fokus auf die Realisierbarkeit der Aufgaben für das Projektteam zur Durchführung eines sog. Sprints festlegen. Dieser wird auf ein Zeitintervall von 30 Tagen festgelegt und in einer Task-Liste, dem sog. Sprint Backlog, organisiert. Dieser Vorgang wird im Scrum als Sprint Planning bezeichnet.

Zur Durchführung der agilen Methode sind drei festgelegte Rollen, der sog. Product Owner, als Verantwortlicher für die Definition und Priorisierung aus dem Product Backlog, der sog. Scrum Master, als Überwacher des Sprints und Moderator möglicher Problemstellungen von außen, und das Projektteam, als selbstorganisierte Umsetzer der Tasks, wesentlich. Außerdem gilt es noch die Stakeholder als Auftraggeber (Customer) zu berücksichtigen.

Die Feedbackschleifen werden in das 15-minütige tägliche Intervall (Daily Scrum) innerhalb des Teams aufgeteilt. Der Vorteil ist, dass das Team für nächste Schritte bereits Lerneffekte aus vorangegangenen Projektteilen nutzen kann. Im sog. Sprint Review am Ende der 30 Tage wird das Projektergebnis im Sinne eines Zwischenproduktes mit allen Rollen zur Präsentation des Ergebnisses vor dem Auftraggeber durchgeführt. Ergänzend sollte eine sog. Sprint Retrospective durchgeführt werden, um die Arbeit des Projektteams zu optimieren.

Design Thinking kurz erklärt:

Bei dieser agilen Methode wird der Schwerpunkt auf interdisziplinäre Teams gelegt, um möglichst vielfältige Herangehensweisen an eine Problemstellung zu ermöglichen. Der Nutzer wird in den Mittelpunkt gerückt und alle Fragestellungen aus seiner Perspektive gesehen, um Ideen zu entwickeln und Geschäftsmodelle darauf aufzubauen bzw. anzupassen. In sechs Stufen wird ein klar strukturierter Prozess zur Lösung durchgeführt, der sich in iterativen Schleifen wiederholt. Prototypen lassen sich so früh erstellen und Erkenntnisse in weitere Projekte einbringen.

    1. Stufe: Verstehen
      Wer ist der Nutzer? Was benötigt er, um seine Probleme zu lösen? In dieser Phase geht es um eine konkrete Kundenanalyse.
    2. Stufe: Beobachten
      Wie sieht der Alltag der Zielgruppe aus? Wie sind die Nutzer in Aktion? In dieser Phase gilt es zu beobachten und zuzuhören, wenn Befragungen und Gespräche mit der Zielgruppe durchgeführt werden können.
    3. Stufe: Point-of-View
      Wie ist der prototypische Nutzer und welche konkreten Bedürfnisse hat er? In dieser Phase geht es um die Synthese aus den ersten beiden Stufen, um eine klar definierte Brainstorming-Frage herunter zu brechen, die durch einen 360-Grad-Blick durch die verschiedenen Sichtweisen des interdisziplinären Teams beantwortet werden soll.
    4. Stufe: Ideen
      Wie können wir die Bedürfnisse befriedigen/das Problem lösen? In dieser Phase geht es als Kernelement des Design Thinkings um Ideenfindung durch Techniken wie Brainstormings, um Ideen zu visualisieren. Kritik ist in dieser Stufe nicht erwünscht, es gilt Quantität vor Qualität der Ideen.
    5. Stufe: Prototyping
      Welche Ideen sind umsetzbar? Nun werden aufbauend auf das Brainstorming Ideen hinterfragt, um sie konkret umzusetzen. Im Rahmen eines Workshops werden diese Ideen visualisiert und ausprobiert. Ein aufwandsarmer Prototyp kann bereits erstellt und an der Zielgruppe getestet werden, um ein Gefühl für das Endprodukt zu bekommen. Daraufhin lassen sich Ideen weiterentwickeln.
    6. Stufe: Verfeinern
      Was haben wir gelernt? Was lässt sich einsetzen? Mit den Erkenntnissen des Prototypen das Konzept weiter optimiert werden und lässt durch die Iterationen Wiederholungen zu, bis ein nutzerorientiertes Produkt entstanden ist

 

Eignen sich die agile Herangehensweise auch für Ihr Unternehmen und Ihre Prozesse?

Aber nicht nur für Veränderungsprozesse oder zur Generierung von Innovationen/neuen Produkten kann agiles Arbeiten eingesetzt werden. Auch eine Marketingkampagne eignet sich beispielsweise, da zwar Zeit und Budget als wesentliche Rahmenbedingungen festgelegt werden, aber einzelne Projektteile flexibel abgearbeitet werden können. Besonders bewährt hat sich der Einsatz von agilen Methoden, wenn Projekte

  • sich – wie im Urtypus von Software-Entwicklungen – auf Teilziele herunterbrechen lassen und damit Schritt für Schritt erreichbar sind.
  • aufgrund von unklaren Anforderungen erst in ihrem Verlauf mit den dann notwendigen Details definiert werden können.
  • einen zeitlich wie inhaltlich komplexen Umfang aufweisen.
  • komplett neue Aufgabenbereiche entwickelt werden.
  • durch eine kurze „Time-to-Market“ charakterisiert sind.
  • in volatilen Branchen stattfinden

Klassisches Projektmanagement oder das Setzten eines klassischen Rahmens eignet sich für das Projektvorhaben, wenn:

  • vor Umsetzungsbeginn das Ergebnis und die gesamten Eigenschaften genau definiert und terminiert werden können.
  • ein fester Ablauf bei der Umsetzung der Projektschritte (Gewerke) vorhanden sein muss.
  • Erfahrungswerte die Einschätzung zu Dauer der einzelnen Abschnitte und Aufgaben zulassen.
  • die Reihenfolge der Projektressourcen z.B. Handwerker lange im voraus bekannt sein müssen.

 

Das Probierwerk bietet in der Veranstaltungsreihe zu Innovationen in Unternehmen von Mai bis Juli 2019 für Entscheider und Mitarbeiter sinnvolle Methoden-Basics sowie -Vertiefungen zu agilem Arbeiten als Workshops an.